Neben Bildern kann auch
Musik ein natürliches Mittel sein, um unbewusstes Material zu erweitern.
Das Unbewusste kann sich spontan ausdrücken, wenn Musik ohne Vorbereitung
gemacht wird, vielleicht mit einem bisher unbekannten Instrument, das allein,
mit einer anderen Person oder in einer Gruppe gespielt wird. In jedem Fall
ist es eine besondere Erfahrung. Um innere Bilder in unserer
Traumgruppensituation zum Leben zu erwecken,
ist keine
musikalische Vorerfahrung erforderlich. |
Da Jung kein Musiker war, äußerte er sich selten zu diesem
Thema. Dennoch behauptete er, dass Musik in Klängen ausdrückt, was
Visionen in Bildern ausdrücken. Jung vertrat die Ansicht, dass Musik wie
das Drama die dynamischen Aspekte des kollektiven Unbewussten zeigt.
Die persönliche Erfahrung von professionellen Musiker:innen ist
allerdings weit weniger abstrakt. Was treibt angehende Musiker:innen dazu, die
zerlegenden Härten des Trainings zu ertragen? Die endlosen Stunden des
Übens, die Disziplin, die Freude und das Leid werden offenkundig von
einem unterschwelligen Gefühl begleitet, von etwas Höherem,
Ursprünglichem vorwärts gezogen zu werden. Körper, Geist und
Seele scheinen angeborene Schwingungs- und Bewegungsmuster zu haben, die durch
das wiederholte Üben auf dem Instrument in Resonanz geraten. Die
ständigen Wiederholungen sind meditativ. Sie stimmen den ganzen Menschen
ein. So betrachtet
kann der Weg
auch als alchemistisch gesehen werden: |
er verbrennt, was im Weg steht, und klärt, was scheinbar schon vom
Anbeginn da war. Auf einer solchen Reise kann man die
archetypische Essenz
der Musik erkennen, die kosmische Bedeutung des
Phänomens Zahl, das sich durch innere
und äußere Schwingungen manifestiert.
Musik scheint in den Träumen der meisten Menschen seltener aufzutauchen
als Bilder. Doch im Wachleben
können
Menschen durch Musik plötzlich und tief berührt werden. |
Einen nachhaltigen Eindruck hinterließ folgendes Erlebnis innerhalb
einer Geigenstunde mit Studierenden an der Kunstuniversität Graz. Am
Beginn der Stunde verfiel eine Studentin beim Stimmen ihres Instrumentes
(durch das Intervall der
Quinte) in eine tiefe Trance.
Durch ihre deutliche Abwesenheit waren wir intuitiv aufgerufen abzuwarten, und
uns diesem spannenden Geschehen anzuvertrauen. Nach einer Zeit erwachte sie
wie erfrischt, und schloß sich der Gruppe wie selbstverständlich
wieder an. Die Zwischenzeit blieb ein Geheimnis aber machte deutlich, dass
Musik der Inbegriff der Ganzheit ist.
Ein Beispiel der Musik aus aktiver Imagination ist von dem
Physiker Wolfgang Pauli durch seine
wohl bekannte Klavierstunde gegeben. Im
Dialog mit den Figuren seiner Fantasie werden moderne Physik und
Tiefenpsychologie durch musikalische Symbolik überbrückt.
Lassen Sie sich von dem Komponisten Charles Ives einstimmen und
inspirieren: The Unanswered Question.
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